Klarheit schaffen, wer COVID-19-Kosten übernimmt

Im vergangenen Jahr sind die Spitäler, Kliniken und Pflegeinstitutionen in einer ausserordentlichen Weise aufgrund von COVID-19 gefordert gewesen. Ohne die gut ausgebaute Spitalinfrastruktur, die rasche Reaktion und Anpassungsfähigkeit wäre die Gesundheitsversorgung für Covid- und Nicht-Covid-Patienten gefährdet gewesen. Doch die nötigen Anpassungen an der Infrastruktur und das zusätzliche Schutzmaterial haben Mehrkosten verursacht. Und das sechswöchige Behandlungsverbot, das vom Bundesrat ausgesprochen wurde, um genügend Kapazitäten für COVID-19-Patienten zu haben – die sogenannten Vorhalteleistungen –, hat bei den Spitälern und Kliniken ein Loch von rund zwei Mia. Franken in die Kasse gerissen, was rund 80 Prozent des gesamten finanziellen Schadens ausmacht.

Hoher finanzieller Schaden aufgrund des Behandlungsverbots
Ein erstes Gespräch mit Bund, Kantonen und Versicherern im August 2020 zeigte, dass der Bund nicht für die bestellten Vorhalteleistungen aufkommen will, jedoch gesprächsbereit bei den Zusatzkosten ist, auch wenn diese nur rund 20 Prozent des entstanden finanziellen Schadens ausmachen. Auch seitens der Kantone und Versicherer gab es zuerst wenig Bereitschaft, für den entstanden Schaden aufzukommen oder sich daran zu beteiligen, auch wenn mehrere Kantone mittlerweile für die Kosten teilweise aufkommen. Die Gespräche mit Bund, Kantonen und Versicherern werden 2021 fortgesetzt. Die Leistungserbringer und die Versicherer haben dazu ihre Daten bereinigt. Der Datenabgleich hat bislang gezeigt, dass nach der ersten Welle zwar Behandlungen nachgeholt worden konnten, die Einnahmenverluste aus dem sechswöchigem Behandlungsverbot von Mitte März bis Ende April jedoch geblieben sind. Ohne diese Verluste sähen wohl viele Jahresabschlüsse der Spitäler und Kliniken anders aus.

Auch wenn mehrere Kantone nun in die Bresche gesprungen sind und auf unterschiedliche Art und Weise die Spitäler finanziell unterstützt haben, ist eine einheitliche Lösung bis anhin am Parlament und am Willen des Bundes gescheitert. Neuen Wind in die parlamentarische Debatte könnten Standesinitiativen aus den Kantonen Aargau, Basel-Stadt, Genf, Schaffhausen, Tessin und Zürich bringen. H+ wird sich aktiv einbringen, damit nachhaltige Lösungen gefunden werden können.

Referendumsfähigkeit für mehr Schlagkraft
In der Pandemiebekämpfung haben die Spitäler und Kliniken gezeigt, wie wichtig und leistungsfähig sie sind. Damit dies so bleibt, gilt es, der Spitallandschaft Sorge zu tragen und sie nicht durch unverhältnismässige politische Eingriffe zu schwächen. Deshalb hat sich eine grosse Mehrheit der H+ Mitglieder an der Generalversammlung 2020 für die Referendumsfähigkeit eingesetzt. Die Mitglieder stellen damit dem Verband die finanziellen Mittel von CHF 1.5 Mio. zur Verfügung, um gegen Vorgaben, welche den Handlungsspielraum der Spital- und Klinikbranche weiter einschränken wollen, das Referendum zu ergreifen.

Konkret beunruhigt vor allem das im Massnahmenpaket 2 zur Kostendämpfung vorkommende Globalbudget in seiner vom Bundesrat ursprünglich vorgeschlagenen Form. Es sieht für die Spital- und Klinikbranche Zielvorgaben vor, mit denen ab einem bestimmten Wachstum der Kosten mehr oder weniger direkt Sparmassnahmen zu ergreifen wären. Diese würden in der Umsetzung grosse Einschnitte für die medizinische Versorgung der Bevölkerung und die finanzielle Basis der Spitäler bedeuten. Aber auch die KVV-Revision zur Tarifermittlung und Spitalplanung will die Spitäler mit einem veralteten Benchmarkmodell zu mehr Effizienz trimmen.

H+ und seine Mitglieder lehnen deshalb diese Vorlagen ab, bringen sich jedoch aktiv in die Diskussionen mit dem Bundesamt für Gesundheit ein und schlagen alternative Modelle vor bzw. arbeiten an diesen mit. Ende April hat der Bundesrat nun entschieden, die Einführung der Zielvorgaben aus dem Massnahmenpaket 2 herauszulösen und als indirekten Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative bis November 2021 zu verabschieden. Die Botschaft zum zweiten Kostendämpfungspaket wird im ersten Quartal 2022 verabschiedet.

Die Geschäftsstelle unternimmt alles, um die Interessen seiner Mitglieder zu verteidigen und dass die unternehmerischen Freiheiten jedes einzelnen Spitals nicht weiter eingeschränkt werden. Die Geschäftsstelle und der H+ Vorstand sind jedoch auch davon überzeugt, dass nur in der Diskussion mit den Partnern nachhaltige Lösungen gefunden werden können. Reines Neinsagen wird nicht zum Ziel führen. Wir müssen uns sowohl im Diskurs mit den Behörden als auch in der politischen Meinungsbildung als konsensorientierter Partner einbringen. Nur so können wir die Spitallandschaft der Zukunft gestalten und für künftige Generationen erhalten.

Kontakt

Anne-Geneviève Bütikofer
Direktorin